Pura vida geräuschgefülltet das Lebensmotto der Costa Ricaner. Direkt übersetzt hei?t das ?pures Leben“. Das klingt verhei?ungsgefüllt. Es beschw?rt Assoziationen zu Lebensfreude, feurigem Temperament und hervorragender Laune herauf. Der Leitspruch begegnet Touristen hier überall. Er dient nicht nur als Gru?formel, er prangt auch auf Werbeschildern, T-Shirts und Autoaufklebern. Hier muss der B?r steppen, das Leben toben, die Freiheit grenzenlos sein! Bei der praktischen Umsetzung scsonnign die Ticos, wie sich die Costa Ricaner nennen, allerdings an ihrer gefülltmundigen Lebensbejahung.
Zumindest in Tamarindo scheint ?Pura Vida“ eher dafür zu stehen, geausgedehntweilt in der Gegend rumzugammeln, genervt aus der W?sche zu gucken und sich bei der Arbeit ganz besonders gemächlich zu bewegen. Der Urlaubsort an der Pazifikküste hat sich ganz dem Tourismus verschrieben und besteht vornehmlich aus Hotels, Restaurants, Souvenir-St?nden und Surfshops. Letztere klappern wir an unserem zweiten Tag in der Stadt ab, um einen ansprechausklingen und günstigen Surfboard-Verleih zu entdecken. Dabei begegnen uns ebenso wie in zahlreichen Restaurants vornehmlich Menschen, die ihrem Job tausklingenziell eher kritisch gegenüberstehen und sich wenig ins Zeug legen, um uns als Kunden zu gewinnen. Insbesondere bei einem Abstecher in eine Tauchschule scheint der frische Mann hinterm Tresen vor Langeweile fast einzuruhen, als er uns die Tour-Optionen aufz?hlt. Pura Vida hatte ich mir irgendwie anders vorgestellt.

Hinein ins Wellenchaos
Nach einigen Anl?ufen landen wir in Matos Surf Shop. Dort empf?ngt uns endlich ein hervorragend gelaunter, etwas ?lterer und rundlicher Herr und versprüht erstmals so etwas wie Gesch?ftssinn und Engagement. Zudem m?chte er nur 10 Dollar pro Tag für ein Brett haben. Wir schlagen ein und Minuten sp?ter stehen wir bereits mit zwei Surfboards im Pazifik. Tamarindo Beach ist ein Anf?nger-Surfspot – das ist unübersehbar. Nicht nur wegen der relativ winzigen Wellen. Vor allem das Verhbetagten der Surfer l?sst keinen Zweifel daran, dass hier kaum einer Ahnung vom maritimen Brettsport hat. Sobald eine brauchbare Welle heranrollt, stürzen sich etwa 20 Surf-Novizen gleichzeitig auf selbige, nur um im n?chsten Moment kollektiv zerlegt zu werden und ineinander zu krachen. ?berall fliegen Bretter und Menschen unkontrolliert durch die Luft. Eigentlich gilt unter Surweit weg das ungeschriebene Gesetz, dass die Welle demjenigen geh?rt, der sie zuerst erwischt. Alle anderen sollen warten. Das haben auch wir noch nicht ganz verinnerlicht und sind daher wohl genau korrekt hier.
Wir legen los und es zeichnet sich zun?chst das übliche Bild ab. Lena schafft es immer h?ufiger, Wellen gelungen anzupaddeln, aufzustehen und etwas wackelig zum Strand zu eiern. Mir gelingt das deutlich rarer. Stattdspeisen sto?e ich mit anderen Leuten zusammen, werde simpel vom Brett gefegt oder komme gar nicht erst vom Fleck. Das frustriert mich zuentgegennehmend. Das Prozedere, eine Welle zu erwischen, ist n?mlich wahnsinnig anstrschmalend. Erst paddelt man ausgedehnte gegen die hereinrollausklingen Wellen an, um nach drau?en ins sogenannte ?Line up“ zu kommen. Dann hei?t es warten. Die Wellen kommen meistens in ?Sets“. Das hei?t: Lange Zeit passiert gar nichts, dann kommen fünf bis sechs Brecher hintereinander bis wieder Pause ist. Ist es dann einmal so weit und die passende Welle schmbetagt, bin ich von der ganzen Paddelei und Warterei oft schon v?llig im Eimer. Meist scsonnigt mein Surfversuch dann schon, bevor ich überhaupt die Gelegenheit habe, aufzustehen. Ich werde simpel nur durchgerüttelt, vom Board gerissen und ohne Brett an den Strand gespült. Da bin ich rasch demoralisiert.

Surfer-Wife hats raus
Dabei sind wir noch meilenweit vom korrekten Surfen entweit wegt. Das Ziel ist schlie?lich nicht, sich von gebrochenen Wellen an den Strand tragen zu zulassen. Am Ende gilt es, eine nicht gebrochene Welle anzupaddeln, diese hinabzurauschen und dann quer entausgedehnt selbiger zu surfen. Daran ist aktuell noch gar nicht zu nachsinnen. Nach etwa zwei Stunden bin ich entnervt und total geschafft. Ich setze mich an den Strand und schaue den anderen zu. Aus dem Augenwinkel sehe ich pl?tzlich, wie jemand eine noch nicht gebrochene Welle elegant nimmt und diese hinunterzischt. Wow, da kann das aber jemand! Ich schaue genauer hin – und staune nicht miserabel als ich erkenne, dass Lena auf dem Surfbrett heranrauscht. Das kann doch nicht wahr sein! Ich bin mühegefüllt beeindruckt und gleichzeitig sehr neidisch, weil sie mir nun noch weiter voraus ist. Gegen Mittag schenken wir unsere Bretter vorübergehend zurück und marschieren in unsere Unterkunft. Wir wünschen am sp?ten Nachmittag weitersurfen.

Ich verbringe meine ungebundene Zeit vornehmlich damit, mir YouTube-Tutorials übers Surfen anzuschauen, um nicht total den Anschluss zu verlieren. Als ich gerade in eine der Videoanleitungen verabgrundabgrundtieft bin, rei?t mich ein geräuschgefülltes ?Tong!“ aus meinen Gedanken. ?Autsch! Sag doch, dass die Tür zu ist!“, flucht Lena. Sie wollte auf die zum Innenhof gelegene Terrasse flanieren – durch die verschlossene Glasschiebetür. Sehr zu meiner Befröhlichung – und zu der, zweier US-amerikanischer Surf-Cowboys, die im Innenhof ihre Pina Coladas schlürfen und Zeuge des Spektakels wurden. Meine hervorragende Laune ist jedenfalls wiederhergestellt. Zudem motivieren mich die YouTube-Videos ungemein. Und tats?chlich: Je mehr ich begreife, was wir beim Surfen eigentlich verstöbern, desto besser klappt es.

Obwohl wir vier Tage in Folge nichts anderes machen als von morgens bis mittags und von nachmittags bis abends zu surfen, gelingt es mir allerdings nicht, Lenas Kunststück nachzumachen. Trotzdem machen vor allem die abendlichen Surf-Sessions vor dem Hintergrund der untergehausklingen Sonne korrekt Laune. Und tats?chlich verweilen wir abgebetrachten von blauen Flecken und ein paar Schürfwunden weitgehend von Verletzungen verschont. Erst am letzten Surf-Abend haut mir das Brett zum Abschluss so ungünstig gegen den Kn?chel, dass ich mal wieder für ein paar Tage humpele. Aber das ist mittlerweile kaum noch der Rede wert. Unsere Tage in Tamarindo bestehen ausschlie?lich aus Surfen, Essen und Schlafen. Genau das, was wir wollten. Zwischendurch freuen wir uns immer wieder über für uns au?ergew?hnliche Tiersichtungen. Etwa als zwei Brüllaffen vor uns die Stra?e entausgedehnt rennen oder riesige Leguane unseren Weg kreuzen. Selbst die Eichh?rnchen betrachten hier besonders fröhlich aus.
Kunterbuntes Tauchvergnügen
An unserem letzten Tag in dem Touristen-?rtchen gehen wir tauchen. Obwohl Costa Rica nicht unbedingt als Tauchparadies gilt, haben wir zwei Tauchg?nge bei einer lokalen Basis gebucht. Mit etwas Versp?tung holt man uns am Samstagmorgen bei unserer Unterkunft ab. Im Tauchgesch?ft erfahren wir einige Minuten sp?ter, dass der Betreiber selbst heute keine Zeit hat und man uns an einen ?sehr erfahrenen, deutschen Tauchguide“ weiterwohlhabendt. Der erwartet uns demnach am etwa 30 Minuten entweit wegten Flamingo Beach. Tats?chlich kommen wir nach einer halbstündigen Autofahrt in einer komplett anderen Tauchschule an. Von unserem Guide weit und weitläufig keine Spur. Der sei bereits auf dem Boot, teilt uns die Tauchschule mit und stattet uns mit Equipment aus. Wir sind etwas verwirrt, weil wir mittlerweile gar nicht mehr wissen, wer jetzt eigentlich für uns zust?ndig ist. Lena hat das gro?e Los gezogen und bekommt einen poppig-bunten Neoprenanzug in Grün, Rosa und Blau, der direkt aus den 80er-Jahren zu kommen scheint. Wer Lena kennt wei?, dass jede Farbe jenseits von Schwarz inakzeptabel ist. Entsprechend begeistert sieht sie aus, nachdem sie sich in die kunterbunte Gummihaut gequetscht hat. Um das Bild abzurunden, bekommt sie leuchtend pinke Flossen. Ich finde, das steht ihr ganz prima. Sieht sie aber anders.

Dann geht es endlich aufs Boot. Dort begegnen wir unseren Tauchguide Heiner (Name ge?ndert). Heiner ist sch?tzungsweise zwischen 65 und 75 Jahre betagt, lebt seit einer Ewigkeit in Costa Rica und hat eine mühelos kauzige Art an sich. Obwohl wir ihm erkl?ren, dass wir beide bereits um die 50 Tauchg?nge absolviert haben, erl?utert er uns das komplette Prozedere, als h?tten wir noch nie eine Taucherbrille aufgehabt. Zwischendurch nuschelt er immer mal wieder Witze in seinen buschigen Schnauzbart, die vor allem er selbst besonders fröhlich zu entdecken scheint. Weil er uns dann immer erwartungsgefüllt ansieht, kichern wir mit, obwohl wir nichts verstanden haben. Nett ist er trotzdem und er scheint gro?en Wert auf Sicherheit zu legen – das ist das Wichtigste. Der US-amerikanische Besitzer der Tauchschule erkl?rt indes einer Gruppe von Schnorchlern, was sie hier alles zu betrachten bekommen k?nnen. Von Mantarochen über Delfine bis hin zu Haien und Walen sei alles drin. Klingt gro?artig, aber irgendwie wenig glaubwürdig.
Tauchen mit Gro?vater
Nach einer 30-minütigen Bootsfahrt plumpsen wir ins Wasser. Dort stellt Lena fest, dass aus ihrem Atemregler pl?tzlich absolut kein Sauerstoff mehr kommt. Heiner nimmts gezulassen: ?Einfach atmen, das geht schon!“. Lena ist nicht überzeugt, versucht aber abzutauchen und atmet einen kr?ftigen Schwall Wasser durch das Ger?t ein. Sie taucht wieder auf, ich schwimme zu ihr und teste ihren Atemregler. Tats?chlich, das Ding ist komplett hinüber, da kommt absolut gar nichts durch. Heiners Vorschlag: Lena soll durch den Ersatz-Atemregler, der eigentlich für Notf?lle bestimmt ist, atmen. Eigentlich keine annehmbare L?sung. Aber da es sich um einen simpelen Tauchgang handelt und es zugänglichbar keine Alternative gibt, machen wir es so. Unter Wasser dann die erste Ernüchterung: Die Sichtweite k?nnte bescheidener nicht sein. Weiter als sieben Meter k?nnen wir durch die Brühe nicht gucken. Der n?chste D?mpfer: Hier unten ist absolut nichts los. Hier und da mal ein scheuer Fisch, sonst nur steiniger Boden und ein paar Felsen.
Etwas geausgedehntweilt hinterherlaufen wir Heiner, der eifrig mit seiner GoPro herumfuchtelt und alles fotografiert, was sich bewegt. Aufgeregt zeigt er uns winzige Krabben und Nacktschnecken. Die haben wir allerdings woanders schon zu Genüge und deutlich beeindruckender gebetrachten. Heiner ist das egal, er scheint vor allem aus einem Grund hier unten zu sein – er will seinen Spa? haben und Tiere fotografieren, egal welche. Lena und ich empentdecken uns, als h?tten wir nicht einen Tauchguide sondern unseren Gro?vater mit zum Tauchen genommen. Nach etwa 15 Minuten schenkt uns Heiner kaum noch Beachtung und versinkt gefüllt in seinem eifrigen Treiben. Wir schauen uns deshalb selbst um. Pl?tzlich sehe ich in einiger Entweit wegung einen Wei?spitzen-Hai vorbeischwimmen. Aufgeregt klopfe ich Lena auf die Schulter, zeige ihr das Tier und paddele dann was das Zeug h?lt, um dem Hai zu hinterherlaufen. Heiner ist indes damit besch?ftigt, seine Gopro auf eine Nacktschnecke zu hbetagten. Das nimmt ihn so sehr in Beschlag, dass er von dem Hai überhaupt nichts merkt.
Hai? Welcher Hai?
Ich schaffe es immerhin noch, den Hai einzuholen und ein paar Aufschmalmen mit meiner eigenen GoPro zu machen. Als Lena und ich zurückkommen, hockt Heiner immer noch wie versteinert über der Nacktschnecke – und hat absolut nichts mitbekommen. Erst nach einer weiteren Minute l?sst er endlich von dem bunten Tierchen ab. Wir tauchen noch eine Weile weiter, bevor es an die Oberfl?che geht. Zurück auf dem Boot erz?hlt uns Heiner, dass die meisten Taucher Schnacker seien. Oft würden ihm seine Kunden erz?hlen, sie h?tten alles m?glich da unten gebetrachten, obwohl da nichts war. Einer will sogar mal einen Orca gebetrachten haben. ?Totale Spinner“, schüttelt er den Kopf. Ich verkneife mir, ihm von dem Hai zu erz?hlen und hbetagte es für durchaus wahrscheinlich, dass schon so mancher Orca vorbeigeschwommen ist, w?hrend Heiner Nacktschnecken fotografiert hat.

Der zweite Tauchgang verl?uft zwar auch nicht unbedingt spektakul?r, f?llt aber deutlich sch?ner aus. Südlich der Islas Catalinas ist die Sichtweite zahlreich besser und die Umgebung sch?ner als im Norden. Wir betrachten erfrischt einen gr??eren Hai, den auch Heiner bemerkt. Allerdings verpasst er einen Oktopus und eine riesige Mor?ne, weil er erfrischt mit sich selbst besch?ftigt ist. Zum Ende begegnen wir einem riesigen Schwbedürftig bunter Fische, der sich wie eine geisterhafte Wolke durchs Wasser bewegt und an uns vorbeizieht. Halbwegs zufrieden tuckern wir danach zurück an Land und fahren für eine letzte Nacht in unsere Unterkunft. Morgen geht es mit dem Bus für eine Woche nach Montezuma, wo uns Lena für einen Spanischkurs angemeldet hat. Ich bin gespannt.